Geld in Paarbeziehungen
Wie es gelingt, in Beziehungen offen über Geld zu sprechen
Der Umgang mit dem „lieben“ Geld
Ein Interview mit Michael Mary, Berater, Partnerschaftsexperte und Autor
Michael Mary bezeichnet das Reden über Geld als eines der letzten Tabuthemen in partnerschaftlichen Beziehungen. Warum er das sagt und welche Empfehlungen er Paaren gibt, um offen über Geld sprechen zu können, hat er dem Familienportal.NRW erläutert.
Michael Mary: Einer der Hauptgründe dafür ist, dass den Paaren die Begriffe dafür fehlen. Wenn man nur die Wörter „Liebe“ und „Geld“ zur Verfügung hat, redet man über Liebe – und blendet Geld aus, weil es scheinbar nicht mit Liebe zu tun hat. Selbst wenn einer sagt „Wir sollten über Geld reden“ antwortet der andere meist: „Aber wieso, wir lieben uns doch!“ und schon ist das Thema erledigt. Partnerschaft ist jedoch gleichzusetzen mit gemeinsamer Lebensbewältigung und Existenzsicherung, und da spielt Geld eine große Rolle. Umso wichtiger ist es also, gut darüber reden zu können.
Ein weiterer Grund, warum Paare nicht gerne über Geld sprechen, ist, dass sich an dem Thema zeigt, wie ihr Beziehungsleben aufgestellt ist und anhand welcher Interessen und Lebensvorstellungen sich jeder Partner ausrichtet. Bestehen beim Umgang mit Geld extreme Diskrepanzen, so wirken sich diese direkt auf die Beziehung aus. Nehmen wir das Beispiel der Altersvorsorge: Wenn er viel Geld für Reisen ausgeben will, sie aber in erster Linie vorsorgen möchte, steckt das Paar in einem Konflikt, der einer Lösung bedarf.
Das ist eine Frage der Bedeutung. In einer Partnerschaft darf man nicht in Summen rechnen, sondern in Bedeutungen. Es geht um den Leistungsausgleich. Richtigerweise heißt es dann beispielsweise: „Dass ich mich um die Kinder kümmere, hat die gleiche Bedeutung wie deine acht Stunden Arbeit, und zwar unabhängig davon, wie viel du verdienst.“ Nicht-materiellen Beiträgen zum Gelingen einer Partnerschaft wie Hausarbeit, Planungsaufgaben oder Fürsorgearbeit wird also die gleiche Bedeutung verliehen wie der Erwerbsarbeit.
Zunächst ist es hilfreich zu berücksichtigen, dass Geld prinzipiell unpersönlich ist. Sobald Geld aber den Boden einer Paarbeziehung betritt, wird es persönlich. Ich unterscheide zwischen drei persönlichen Geldformen: Partnergeld, Freundesgeld und Liebesgeld. Jede Geldart erfordert jeweils einen eigenen Umgang. Wenn Paare diese drei Begriffe zur Verfügung haben und sich bewusst machen, um welches Geld es jeweils geht, können sie einfacher darüber reden.
In den Bereichen, in denen es in einer Paarbeziehung um gemeinsame Projekte geht – wie z. B. die Familie – kommt es auf den Leistungsausgleich an. Das meint, jeder muss gleich viel für das Vorhaben ‚schwitzen‘. Geld auf dieser Ebene wird zu Partnergeld. Das ist kühles Geld, weil jeder seine Interessen mit kühlem Kopf vertreten muss. Maßgeblich für die partnerschaftliche Liebe sind Vertragstreue und Verlässlichkeit.
In Bereichen, in denen es um die gegenseitige Unterstützung geht, wird Geld zu Freundesgeld, zu warmem Geld. Es dient der Teilhabe, im Fokus steht das Glück des anderen. Freundesgeld, das ich gebe, hilft beispielsweise meiner Partnerin, ein Hobby zu finanzieren. Maßgeblich für diese freundschaftliche Liebe ist das gegenseitig Wohlwollen.
Im leidenschaftlichen Bereich einer Paarbeziehung wird Geld zu Liebesgeld, zu heißem Geld. Es wird gegeben, um die Bedeutung auszudrücken, die der Partner für mich hat. Auf dieser Ebene gilt die Schenklogik.
Bei Partnergeld werden Verträge geschlossen, gern auch notarielle, bspw. wenn es um Eigentum geht. Solche Verträge muss man fordern. Beim Freundesgeld werden Abmachungen getroffen, bspw. „Ich leihe dir Geld für ein Jahr und du zahlst es dann in Raten zurück“. Solche Teilhabe sollte man erwarten. Beim Liebesgeld werden Geschenke gemacht, bspw. „Ich zahle die ganze Urlaubsreise, du schuldest mir nichts“. Hier kann man ein Gegengeschenk ersehnen, dieses muss natürlich nicht materieller Art sein.
Grundsätzlich gilt: Das Paar muss durch einen offenen Umgang über das Geld bestimmen. Wenn das Geld durch Vermeidung über die Beziehung bestimmt, dann gerät die Partnerschaft irgendwann in eine Schieflage.
Geld ist entgegen landläufiger Meinung nicht gleichzusetzen mit Macht. Macht ist keine Eigenschaft, sondern sie wird jemandem verliehen. Generell hat derjenige weniger Macht, der etwas mehr braucht und es unbedingt haben will. Wenn ich also unbedingt Geld haben will, hat die wohlhabende Partnerin mehr Macht. Wenn die Partnerin unbedingt mehr Zuwendung haben will, habe ich mehr Macht.
Männer lernen allmählich zuzulassen, dass eine Frau ebenfalls zum Familieneinkommen beiträgt oder gar mehr verdient als sie selbst. Wenn sie als Hausmann die Familienaufgaben übernehmen, kommt es gar zu einer Rollenumkehr. Auf einmal definiert man sich nicht mehr über den Beruf. Die Kunst besteht jetzt darin, sich mit seiner Rolle gut zu fühlen, und dafür ist es nötig, ein neues Selbstbewusstsein zu entwickeln. Das gelingt am besten, indem sich der Mann auf die schon beschriebene Bedeutung seines Beitrags zum Familienprojekt besinnt, anstatt seine Leistung nur an monetären Werten zu messen.
Über Michael Mary
Michael Mary beschäftigt sich als Paar-, Individual- und Singleberater sowie Sachbuchautor seit rund 40 Jahren mit den vielfältigen Aspekten des Beziehungslebens. 2023 erschien sein Buch „Geld in Paarbeziehungen“. Sein neuestes Buch trägt den Titel „Die Paarliebe“ und gibt einen umfassenden Überblick über die drei Ebenen einer Liebesbeziehung – die partnerschaftliche, freundschaftliche und leidenschaftliche Liebe. Im NDR und SWR hatte er jeweils eine eigene TV-Sendung als Beziehungsberater. Michael Mary lebt und arbeitet in Hamburg.
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