Barrierefrei wohnen mit Kind
Das Zuhause barrierefrei gestalten
Für Kinder ist das eigene Zuhause ein vertrauter Rückzugsort – und gleichzeitig ein Raum für Entwicklung, Selbstständigkeit und Geborgenheit. Das gilt besonders für Kinder mit Behinderungen. Für eine Umgebung, die auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt ist, muss die Wohnung oder das Haus möglicherweise individuell angepasst oder umgebaut werden. Manchmal können schon kleine Veränderungen den Alltag leichter machen. In diesem Beitrag erhalten Sie Hinweise, wie Sie Ihre Wohnumgebung für Ihr Kind sicher und individuell angepasst gestalten können sowie Tipps, wie erforderliche Maßnahmen finanziert und gefördert werden können.
Praktische Tipps für barrierefreies Wohnen, förderfähige Maßnahmen und Finanzierungshilfen
Verschiedene bauliche Maßnahmen und Hilfsmittel für Bad, Küche oder den Eingangsbereich ermöglichen mehr Bewegungsfreiheit und Eigenständigkeit für Ihr Kind. Manchmal können schon kleine bauliche Anpassungen helfen, in der gewohnten Umgebung für mehr Sicherheit und Wohnkomfort zu sorgen. Wichtig ist dabei auch: Ihr Kind wächst in der Regel noch – daher sollten die Maßnahmen möglichst mitwachsen und flexibel anpassbar sein. Einige allgemeine Hinweise und Empfehlungen zur sinnvollen barrierefreien Gestaltung der Wohnbereiche haben wir für Sie zusammengefasst.
Bevor Sie jedoch mit einzelnen Umbaumaßnahmen loslegen: Lassen Sie sich vorab unbedingt professionell beraten. Wohnberatungsstellen, Pflegestützpunkte oder spezialisierte Fachberaterinnen und -berater helfen Ihnen dabei, passgenaue Lösungen für Ihr Zuhause zu finden – und unterstützen Sie oft auch bei der Antragstellung.
Barrierefrei wohnen – was heißt das?
Bei der Gestaltung eine barrierearmen bzw. barrierefreien Wohnumgebung gehen Sie am besten alle Wohnbereiche durch, um den individuellen Bedarf festzustellen. Hier finden Sie einige Hinweise:
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Eingangsbereich
Der Weg in die Wohnung sollte kein Hindernis sein:
- Ist ein stufenloser Zugang möglich oder wird eine Rampe/Hebebühne benötigt?
- Ist der Bodenbelag rutschfest?
- Sind beidseitige Handläufe an den Treppen vorhanden?
- Ist die ausreichende Beleuchtung zu jeder Tages- und Nachtzeit gegeben?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Seheinschränkungen können kontrastreiche Markierungen an Treppenstufen und Wänden angebracht werden.
- Für Kinder mit Hörbeeinträchtigungen können Lichtsignale an Klingeln oder Bewegungsmelder hilfreich sein.
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Flur
Der Durchgangsraum ist ein wichtiger Bereich, der mitgedacht werden will:
- Hat der Flur eine Mindestbreite von 120 cm?
- Besteht ausreichend Platz für das Wenden eines Rollstuhls oder eines Rollators?
- Gibt es Handläufe oder Haltegriffe auf beiden Seiten?
- Ist der Flur ausreichend beleuchtet?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Seheinschränkungen bieten Leitsysteme und kontrastreiche Gestaltung zusätzliche Orientierung.
- Kinder mit seelischer oder geistiger Einschränkung – zum Beispiel Autismus – profitieren von klaren, strukturierten Reizen ohne optische Überfrachung.
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Türen
- Um eine barrierefreie Mobilität zu erreichen, sollten Türen folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Beträgt die Türbreite mindestens 80 cm? Für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer mindestens 90 cm?
- Sind die Türen leicht zu öffnen ohne Kraftaufwand?
- Gibt es Türschwellen, die den ungehinderten Übergang von einem Raum zum anderen behindern?
- Lassen sich optional Schiebe- oder Raumspartüren einbauen? Oder gibt es Räume, in denen komplett auf Türen verzichtet werden kann?
- Muss die Türgriffhöhe angepasst werden?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Seheinschränkungen sollten Türen kontrastreich zum Umfeld gestaltelt und Türgriffe farblich abgesetzt sein.
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Badezimmer
Im Bad können viele Lösungen den Alltag erleichtern:
- Ist die Dusche mit einer Sitzmöglichkeit und Haltegriffen ausgestattet?
- Ist die Dusche bodengleich bzw. die Badewanne barrierefrei?
- Ist das Waschbecken höhenverstellbar oder in einer gut nutzbaren Höhe und Tiefe mit dem Rollstuhl unterfahrbar?
- Gibt es Haltegriffe an der Toilette?
- Sind die Fliesen rutschfest oder mit einem Antirutschbelag versehen?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Seheinschränkungen ist eine gleichmäßige, blendfreie Beleuchtung wichtig.
- Für Kinder mit Autismus kann auch im Badezimmer eine reizarme, ruhige Gestaltung helfen, Stress zu vermeiden.
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Küche und Essbereich
Die Küche ist ein wichtiger Lebensort und Familientreffpunkt:
- Ist ein Kinderstuhl mit Sitzunterstützung vorhanden oder genug Platz am Tisch für den Rollstuhl?
- Ist die Arbeitsplatte ganz oder teilweise mit dem Rollstuhl unterfahrbar?
- Ist der Esstisch unterfahrbar?
- Sind Griffe und Schränke erreichbar und leicht zu öffnen?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Hörbeeinträchtigungen sind visuelle Alarmsysteme (z.B. blinkendes Licht bei Rauch) empfehlenswert.
- Kinder mit Autismus profitieren von festen Strukturen – z.B. durch farbliche Markierung ihres Platzes.
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Kinderzimmer
Das Kinderzimmer ist der wichtigste Ort: Es schafft Geborgenheit, ist Rückzugsort, Spielwiese und Lernumgebung zugleich:
- Können Spielsachen, Bücher und Kleidung gut erreichbar aufbewahrt werden?
- Sind die Möbel höhenverstellbar und mitwachsend?
- Ist das Bett barrierefrei, höhenverstellbar, ggfs. mit Seitengittern versehen?
- Ist der Fußboden rutschfest (zum Beispiel Kork oder Vinyl)?
- Bei kleinen Kindern: Sind alle Steckdosen mit Kindersicherung versehen?
- Bei älteren Kindern: Sind die Steckdosen in gut erreichbarer Höhe angebracht?
- Sind alle Stolperfallen wie Kabel oder Teppiche aus dem Weg geräumt?
- Gibt es ein Nachtlicht zur Orientierung?
- Ist der Spielbereich anpassbar, der Spieltisch unterfahrbar?
- Sind Regale und Schränke in kindgerechter Höhe?
- Gibt es Ordnungssysteme mit Farben und Symbolen als Orientierungshilfe?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Seheinschränkungen sollten Ordnungssysteme auch tastbar und Spielsachen gut unterscheidbar sein.
- Für Kinder mit Hörbeeinträchtigungen kann eine visuelle Unterstützung durch Bilder und Symbole hilfreich sein.
- Für Kinder mit Autismus gilt auch im Kinderzimmer: eine reizarme Gestaltung, Rückzugsbereiche und klare Strukturen fördern das Wohlbefinden.
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Für alle Räume wichtig
- Sind alle Stolperfallen beseitigt?
- Gibt es ausreichend Platz zum Rangieren mit Rollstuhl oder Gehhilfe?
- Sind die Möbel mit runden Kanten ausgestattet, stand- und kippsicher?
- Sind die Lichtschalter in erreichbarer Höhe?
Zusätzlicher Hinweis:- Kinder mit besonderen Empfindlichkeiten fühlen sich ggf. wohler, wenn die Räume mit schallabsorbierenden Materialien wie Teppiche und Vorhänge ausgestattet sind, die zu einer Reizminimierung beitragen.
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Sicherheit und Technik
Digitale Lösungen machen den Alltag nicht nur komfortabler, sondern auch sicherer:
- Gibt es Notruf- oder Alarmschalter an wichtigen Stellen?
- Wo können Smart-Home-Lösungen und Systeme helfen, zum Beispiel bei der Steuerung von Lichtquellen, Türen oder Rollläden?
- Sind in allen Räumen funktionstüchtige Rauchmelder vorhanden?
Zusätzlicher Hinweis:- Für Kinder mit Höreinschränkungen sollten Alarme zusätzlich durch Licht oder Vibration signalisiert werden.
- Für Kinder mit Autismus kann eine anpassbare Licht- und Geräuschregelung helfen, Reize zu minimieren.
Finanzierungshilfen und Förderung für ein barrierefreies Zuhause
Barrierefreie Anpassungen und Umbauten können teuer werden. Für Menschen mit Behinderung gibt es finanzielle Unterstützung von verschiedenen Stellen und Kostenträgern. Einige Beispiele stellen wir Ihnen hier vor:
Tipps für die Antragstellung
- Erst beantragen, dann umbauen
Viele Maßnahmen dürfen erst begonnen werden, wenn der Antrag bewilligt ist. Eine rückwirkende Förderung ist in der Regel nicht möglich. Nehmen Sie daher frühzeitig Kontakt zur Pflegekasse oder anderen zuständigen Stellen auf. - Beratungsangebote nutzen
Die EUTB-Beratungsstellen, Wohnberatungsstellen und Pflegestützpunkte bieten kostenlose Vor-Ort-Beratungen an. Diese Beratung wird meist sogar für die Antragstellung anerkannt und dokumentiert den Bedarf fachlich. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten können mit fachlichem Blick beurteilen, welche Anpassungen für Ihr Kind und Ihren räumlichen Verhältnisse sinnvoll und nötig sind. - Gutachten für Hilfsmittel und ärztliche Bescheinigungen beilegen
Lassen Sie sich von Ihrer kinderärztlichen Praxis oder von der Therapeutin bzw. dem Therapeuten schriftlich bestätigen, welche Barrieren bestehen und warum die Maßnahme notwendig ist. In der Antragstellung können Begriffe wie „zur Förderung der Selbstständigkeit“, „zur Entlastung der Pflegeperson“ oder „zur Vermeidung von Folgeschäden“ hilfreich sein. - Angebote und Kostenvoranschläge mit einreichen
Fügen Sie Ihrem Antrag mindestens ein Angebot eines Fachbetriebs oder Handwerksunternehmens bei, teilweise sind auch mehrere Vergleichsangebote erforderlich – gerade bei größeren Umbaumaßnahmen. Im ersten Schritt muss allerdings in der Regel kein Kostenvoranschlag eingereicht werden – vor allem, wenn es erstmal nur um die Einkommensprüfung geht.
Wo finden wir Hilfe und Beratung?
Eine gute Beratung zu möglichen Umbaumaßnahmen und Wohnungsanpassungen spart nicht nur Zeit und Geld, sondern sorgt auch dafür, dass die Maßnahmen wirklich zu den Bedürfnissen Ihres Kindes und Ihrer Familie passen.
Informationen und Beratung erhalten Sie unter anderem in den EUTB-Beratungsstellen vor Ort oder online. Ein Beratungsangebot in Ihrer Nähe können Sie über die Website suchen.
Auf der digitalen Karte der Wohnberatung NRW finden Sie die geförderten und nicht-geförderten Wohnberatungsstellen in Ihrer Nähe.
Sanitätshäuser und Pflegeberatungen, aber auch die Wohnberatungsstellen beraten zu Hilfsmitteln. Zur Klärung der Kostenübernahme für die Anschaffung von Hilfsmitteln wenden Sie sich am besten direkt an Ihre Krankenkassen, bei Maßnahmen im Rahmen der häuslichen Pflege an Ihre Pflegekasse.