Das Pflegekind loslassen

Pflege auf Zeit: Wie der Abschied gelingt

Text zuletzt aktualisiert: 28.10.2025

Pflegeltern geben Kindern Halt – manchmal nur für eine Weile

Ein Pflegekind aufzunehmen bedeutet, ihm Liebe, Sicherheit und Geborgenheit zu schenken – oft in einer besonders verletzlichen Lebensphase. Doch was, wenn dieses Kind eines Tages wieder geht? Wenn es zurückkehrt zu seinen leiblichen Eltern oder Verwandten oder in eine andere Form der Betreuung? Der Abschied gehört zu den schmerzhaftesten Momenten im Leben von Pflegeeltern. Und dennoch: Er kann gelingen – mit Akzeptanz für die Entscheidung zum Wohl des Kindes, mit Vertrauen und professioneller Unterstützung. Dieser Beitrag möchte Mut machen, auch dann Ja zu einem Pflegekind zu sagen, wenn es nur für eine begrenzte Zeit bleibt.

Abschied Pflegekind

Im Mittelpunkt steht immer das Wohl des Kindes

Pflegeeltern begleiten Kinder ein Stück auf ihrem Lebensweg. Manche Kinder kehren zurück in ihre Familie, wenn sich dort die Lebensumstände stabilisiert haben. Andere wechseln in eine dauerhafte Lebensform oder werden adoptiert. 

Auch wenn Pflegeeltern von Anfang an wissen, dass ein Kind möglicherweise nur auf Zeit bei ihnen lebt: Der Abschied bleibt emotional. Umso wichtiger ist es, sich bewusst zu machen: Im Zentrum steht immer das Wohl des Kindes. Und jedes Kind nimmt etwas mit – an Geborgenheit, Sicherheit und liebevollen Erfahrungen.

Gründe für eine Rückkehr in die Familie

Die Entscheidung zur Rückführung eines Kindes trifft das Jugendamt, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht. Pflegeeltern haben darauf keinen direkten Einfluss. Gründe für eine Rückkehr in die Familie können sein:

  • Wenn sich die Verhältnisse in der Familie gebessert haben und die leiblichen Eltern nachweisen können, dass sie wieder für das Kind sorgen können, wird in der Regel eine Rückführung angestrebt.
  • Das gilt auch für die Erziehungsfähigkeit. Ist die Erziehungsfähigkeit der Eltern wieder hergestellt oder hat sie sich verbessert, wird eine Rückkehr in Betracht gezogen und geprüft.
  • Das Kindeswohl steht einer Rückführung nicht entgegen. Psychologische Gutachten und Berichte der Pflegeeltern fließen oft in die Entscheidung mit ein.

Der Prozess der Rückführung erfolgt schrittweise. In vielen Fällen gibt es zunächst begleitete Besuchskontakte, dann unbegleitete Treffen, bis hin zu Probewochenenden. So wird das Kind behutsam auf die Rückkehr vorbereitet.  

Der Abschied darf weh tun

Ein Pflegekind loszulassen ist immer emotional. Obwohl oft von Anfang an klar ist, dass es vielleicht nur eine Zeit lang bleibt, wächst es der Pflegefamilie ans Herz. Aus gemeinsam erlebten schönen Momenten entstehen Bindungen und Vertrauen. Viele Pflegeeltern erleben das Loslassen daher als herausfordernd. Der Abschied bedeutet Trauer, Unsicherheit und manchmal auch Sorge um die Zukunft des Kindes.

Wichtig ist: Pflegeeltern sind in dieser Phase nicht allein. Fachkräfte des Jugendamtes oder freier Träger begleiten sie, bieten Gesprächsmöglichkeiten und helfen, den Abschied gut zu gestalten – für das Kind und für die Familie.

Den Abschied liebevoll gestalten

Wenn der Abschied naht, helfen kleine Rituale und das Festhalten von Erinnerungen, den Übergang bewusst zu erleben:

  • Packen Sie gemeinsam eine Erinnerungsbox mit persönlichen Grüßen, Briefen und kleinen Andenken.
  • „Deine Zeit bei uns“: Überreichen Sie Ihrem Pflegekind ein Fotoalbum oder Fotobuch zum Abschied mit vielen festgehaltenen Momenten und schönen Erinnerungen. Schreiben Sie gern kleine Notizen und Anekdoten dazu, die Ihr Pflegekind später einmal über seine Vergangenheit nachlesen kann.
  • Gestalten Sie einen Abschiedstag, der für die gesamte Familie schön ist – nicht überladen, aber warm und herzlich.
  • Sagen Sie Ihrem Pflegekind: „Du bist immer in unseren Herzen“.
  • Bleiben Sie in Verbindung, sofern das möglich ist – zum Beispiel über Briefe, Telefon oder gemeinsame Unternehmungen. In den meisten Fällen muss die Beziehung nicht endgültig enden.
  • Nachbetreuung: Die begleitenden Fachkräfte oder auch Selbsthilfegruppen können helfen, den Prozess des Loslassens anzunehmen und neue Perspektiven zu entwickeln.

Loslassen lernen: Was Pflegeeltern stärkt

  • Vertrauen in das Kind und in seinen Weg

    Kinder nehmen aus der Zeit in der Pflegefamilie viel mit – an Sicherheit, Geborgenheit und positiven Erfahrungen. Pflegeeltern dürfen darauf vertrauen, dass diese Spuren bleiben.

  • Offen und ehrlich reden

    Sprechen Sie mit Ihrem Pflegekind altersgerecht über die bevorstehenden Veränderungen. Versichern Sie ihm: „Du bleibst in unseren Herzen, wir lassen dich nicht im Stich. Auf Wunsch sind wir immer für dich da.“

  • Eigene Gefühle wahrnehmen und annehmen

    Es ist normal, traurig, wütend oder ohnmächtig zu sein. Gefühle brauchen Raum, und es ist völlig in Ordnung, sich in dieser Phase Unterstützung zu holen, wenn es zu viel wird.

  • Gut für sich selbst sorgen

    Nach dem Abschied öffnet sich langsam neuer Raum, um Platz zu schaffen für eine persönliche Auszeit. Um Dinge zu unternehmen, für die lange keine Zeit war, für Gespräche mit vertrauten Menschen oder einen erholsamen Urlaub. Und wer weiß, vielleicht wächst in den folgenden Wochen und Monaten auch wieder die Bereitschaft, ein neues Pflegekind aufzunehmen. 

Warum sich Pflegeeltern trotzdem immer wieder dafür entscheiden

Pflegeeltern leisten Großes – nicht nur, weil sie ein Kind aufnehmen, sondern weil sie es auch wieder ziehen lassen, wenn es an der Zeit ist. Das ist nicht immer leicht. Was hilft ist, sich auf den positiven Einfluss zu konzentrieren, den Pflegekinder mitnehmen. In der Pflegefamilie hat ein Kind für eine Zeit ein geborgenes, liebevolles Zuhause gefunden. Diese positiven Erfahrungen nimmt es mit in die Zukunft – und die Pflegefamilie darf stolz auf das sein, was sie geleistet hat.

Wo finden wir Hilfe und Beratung?

Pflegeeltern haben Anspruch auf Beratung und Begleitung, das gilt auch für die Loslass-Phase. Der enge Austausch mit den Fachkräften beim Jugendamt oder freien Trägern bietet Hilfe und professionelle Unterstützung. 

Suchen Sie emotionalen Halt und Austausch in Ihrem persönlichen Unterstützungsnetzwerk. Das können Freunde, Familienmitglieder oder andere Pflegeeltern sein. Auch Selbsthilfegruppen und Online-Foren können helfen, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, die mitfühlen.

Jedes Jugendamt verfügt über einen Pflegekinderdienst, der für die Begleitung und Beratung von Pflegeeltern zuständig ist. Auch an die Familienberatungsstellen können Sie sich wenden. Diese Stellen bieten kostenlose Unterstützung im Alltag und Austausch mit anderen Familien an. Beratungsangebote und Unterstützung in Ihrer Nähe finden Sie über unseren Familienlotsen.