Topsharing
Wie gelingt geteilte Führung?
„Die Synergieeffekte sind sehr hoch.“
Katharina Wiench und Esther Himmen sind Expertinnen für Joint Leadership. Sie begleiten Einzelpersonen und Organisationen dabei, das Konzept „Topsharing” – also das Teilen einer Führungsposition – erfolgreich in die Praxis umzusetzen. Ihr Ziel: Topsharing als gängiges Arbeitsmodell etablieren und Vorteile, zum Beispiel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aufzeigen. Im Interview erläutern sie, warum Beschäftigte, die sich eine Position teilen, in Unternehmen gute Ergebnisse erzielen.
Esther Himmen: Beim Topsharing teilen sich zwei Beschäftigte in Führungspositionen eine Stelle im Unternehmen. Hierbei kann die Arbeit im Tandem ganz unterschiedlich aussehen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich beispielsweise eine Vollzeitstelle teilen, indem sie jeweils in Teilzeit arbeiten. Beide können aber auch jeweils eine Vollzeitstelle haben und auf der gleichen Position arbeiten, wenn es sich zum Beispiel um eine Stelle mit sehr umfangreichen Aufgaben handelt, die sonst Überstunden erfordern würde. Denkbar ist auch, dass sich Beschäftigte lediglich bei bestimmten Projekten eine Stelle teilen.
Katharina Wiench: Entscheidet sich ein Unternehmen dazu, eine Stelle im Jobsharing anzubieten, lautet unsere Devise: Von oben anfangen. Die Geschäftsleitung sollte im Vorfeld wichtige Fragen klären: Welche Konsequenzen hat das Arbeitsmodell Jobsharing? Was muss beachtet werden? Wer ist betroffen und wie sehen die Rahmenbedingungen aus? Wer sich frühzeitig solche Fragen stellt und dabei das gesamte Management mitnimmt, der fängt richtig an – denn die Einführung von Jobsharing bedeutet auch eine Kulturveränderung für das Unternehmen.
Wenn sich die richtigen Tandempartner gefunden haben, empfehlen wir, zunächst ein Pilotprojekt von mindestens sechs bis zwölf Monaten zu starten. Nur so kann man in der Praxis testen, was funktioniert und was nicht.
Esther Himmen: In unserer Studie ,Topsharing. Eine Studie zum Interesse an Jobsharing auf Führungsebene‘ wurde deutlich, dass das Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Sharing-Modellen sehr groß ist. Jobsharing kann für die Beschäftigten vor allem ein ungesundes Stresslevel und Überlastung vermeiden und so zu einer besseren Work-Life-Balance sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Das wird nicht nur durch Teilzeit-Modelle möglich. Auch Tandems, in denen beide in Vollzeit arbeiten, können durch eine geteilte Stelle übermäßige Überstunden vermeiden.
Katharina Wiench: Bei den Tandems sind zudem die Synergieeffekte sehr hoch: Zwei Köpfe, die jeweils über unterschiedliche Erfahrungen und Kompetenzen verfügen und zugleich im engen Austausch stehen, ergänzen sich gut und steigern die Produktivität und Qualität der Ergebnisse. Beschäftigte haben zudem die Möglichkeit, sich im Austausch mit dem Tandempartner beziehungsweise der Tandempartnerin weiterzuentwickeln. Davon profitiert am Ende vor allem auch das Unternehmen.
Katharina Wiench: KMU haben im Gegensatz zu großen Konzernen häufig kürzere Entscheidungswege. Außerdem ist es in KMU einfacher, wirklich alle Menschen bei einer Umstrukturierung zu involvieren und auch Pilotprojekte (z. B. für Job- und Topsharing) können so eine größere Wirkung entfalten. Kleinere Unternehmen sind in der Regel einfach flexibler.
Wo finden wir Hilfe und Beratung?
Die Initiative Neue Qualität der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bietet Coachings und Beratung für kleine und mittlere Unternehmen an. Bis zu 80 Prozent der Kosten können übernommen werden. Über die INQA-Coaching-Karte finden Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe: https://www.inqa.de/DE/handeln/inqa-coaching/inqa-coaching-karte/uebersicht.html